
Eins von beidem hat für mich unschlagbare Vorteile.
Warum sollte man heutzutage überhaupt noch viel wissen? Man kann doch die meisten Sachen innerhalb von Sekunden im Internet herausfinden. Doch ist diese Methode in allen Lebenslagen geeignet?
Schnelle Verfügbarkeit
Stell Dir vor Du bist Kletterer, hängst als Vorsteiger in der Wand und willst einen Standplatz bauen, damit Dein*e Partner*in nachsteigen kann. Wie ging das nochmal? Welchen Knoten brauche ich? Und welche Karabiner? Kann ich das Seil benutzen? Brauche ich eine Bandschlinge? Habe ich überhaupt alles dabei? Mal schnell Google fragen. Ups. Handy runtergefallen.
Es gibt einfach Situationen, da ist klar, dass das Wissen schnell und ohne Hilfsmittel verfügbar sein muss.
In anderen Situationen ist es nicht ganz so eindeutig.
Stell Dir vor, Du bist Softwareentwickler und sitzt gemütlich mit einer Tasse Kaffee am Schreibtisch. Wie war jetzt nochmal der reguläre Ausdruck, mit dem man die Eingabe von Emailadressen validieren kann? Einfach schnell nachschlagen. Ist ja kein Problem.
Du wärst aber viel schneller, wenn Du ihn im Kopf hättest. Das Nachschlagen ist vielleicht das kleinere Problem. Aber die Kontextwechsel zwischen Code editieren und Recherche kosten extrem viel Zeit und Energie. Du wirst mehrere Minuten dadurch verlieren, dass Dein Hirn zwischen zwei Aktivitäten umschalten muss.
Und das ist unter anderem der Unterschied zwischen eine*r*m guten Programmierer*in und eine*r*m schlechten.
In eine Aktivität versinken zu können und einen Zustand von Flow während der Beschäftigung mit einem Thema zu erleben, erfordert, dass man Ablenkungen und Kontextwechsel eliminiert.
Unabhängigkeit durch Wissen
Wer nur nachschlägt und nicht weiß, der macht sich von externen Faktoren abhängig. Stell Dir vor, Du bist Softwareentwickler*in und willst auf einer einsamen Südseeinsel gemütlich ein paar Zeilen Code schreiben. Oder schlimmer: Im Fernzug der Deutschen Bahn. An beiden Orten wirst Du keine gute Internetverbindung haben. Das bremst doch aus. Da ist es einfach besser, wenn man weiß was man tut und nicht auf die Suchmaschine seines Vertrauens angewiesen ist.
Verknüpfung von Informationen
Der dritte unschlagbare Vorteil davon, sich Wissen anzueignen, ist, dass man es mit anderem Wissen verknüpfen kann. Erst durch Verknüpfungen wird aus Information überhaupt erst Wissen.
Um bei unserem Programmierer zu bleiben: Jeder mit ein bisschen Erfahrung in der Softwareentwicklung wird mir zustimmen, dass es ab der dritten Programmiersprache extrem einfach wird, weitere zu lernen. Irgendwann kennt man alle Möglichkeiten, wie sich die Grundelemente einer Sprache darstellen lassen.
Wissen kann man dann auch in andere Lebensbereiche übertragen. In diesem Artikel habe ich zum Beispiel beschrieben, was ich beim Sport fürs Leben gelernt habe. Genauso hilft es mir, dass ich als Ingenieur gelernt habe Probleme strukturiert zu lösen. Das funktioniert erstaunlicherweise nicht nur bei technischen Problemen.
Der Nachteil
Einen Nachteil hat es natürlich. Man muss Dinge lernen. Das ist ein bisschen anstrengend. Kostet Energie und Zeit. Tja. Das muss am Ende jede*r für sich abwägen, ob es sich lohnt oder nicht.
Widmung
Ich möchte hier meinen Kollegen Alexander grüßen, der lieber an einem norwegischen Strand programmieren würde als in der Südsee. Dort wäre es ihm zu warm und es gibt keine Mücken, über die man sich ärgern kann. Kommt aber aufs gleiche raus. Für ihn ist das kein Thema, weil er mit großer Wahrscheinlichkeit nichts nachschlagen muss.