
Auch Menschen, die von sich behaupten, Selbstreflexion zu können, haben blinde Flecken. Bei mir war es einer, der mich doch erheblich Lebensqualität gekostet hat. Ich habe Knieschmerzen. Da ich – seit ich mich erinnern kann – ziemlich aktiv bin, viel laufe und Fahrrad fahre, habe ich das schlimmste befürchtet. Knorpelschäden. Gerissene Menisken. Arthritis. (Dazu kommt, dass meine Frau mich manchmal als Hypochonder bezeichnet…)
Die Wahrheit wollte ich gar nicht so genau wissen. Ich dachte, wenn ich zum Arzt gehe, kann es ja gar nicht anders kommen, als dass er ein Sportverbot ausspricht. Das wäre der GAU und würde mein Geschäftsmodell gefährden.
Folgen
Die Folge davon war, dass ich meine sportliche Aktivität doch ziemlich eingeschränkt habe. Laufen war ich über Monate fast gar nicht mehr. Außerdem habe ich angefangen, meine Symptome zu behandeln. Durchaus mit Erfolg. Durch Dehn- und Kräftigungsübungen bin ich die Dauerschmerzen im Knie zwischenzeitlich ganz gut losgeworden. Sie kamen aber immer wieder.
Dass ich sehr selten laufen war, hat mir doch erheblich aufs Gemüt geschlagen. Ich nutze meine Läufe normalerweise als Zeit zur Reflexion. Noch habe ich keine gute Alternative gefunden, um runterzukommen und meine Gedanken anderweitig so effektiv zu sortieren. Während ich laufe, bin ich außerdem am kreativsten. Die Weiterentwicklung meiner Ideen und Konzepte ist ziemlich kurz gekommen. Das wiederum hat zu Unzufriedenheit geführt. Außerdem hatte ich das Gefühl nicht vom Fleck zu kommen. Pun intended.
Der Arztbesuch
Irgendwann habe ich dann doch mal einen Termin bei einem Orthopäden gemacht. Ich habe mir einen gesucht, der mir einerseits empfohlen wurde und der andererseits auf seiner Webseite schreibt, dass er ganzheitlich behandelt.
Dieser Orthopäde hat dann nur wenige Minuten gebraucht, um eine Hypothese aufzustellen, die sich durch weitere Untersuchungen bestätigt hat. Die Knieschmerzen sind nur ein Symptom, das Problem ist woanders.
Außerdem ist das Knie im Wesentlichen gesund. Bis auf einen kleinen Erguss und eine unbedeutende Entzündung in der Patellasehne. Bänder gesund, Knorpel gesund, Kapsel gesund. Allein diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass ich die Schmerzen als deutlich weniger einschränkend erlebe.
Die Behandlung empfinde ich als genau richtig für mich. Das Knie ignoriert er im großen und ganzen. Ist ja nur ein Symptom. Das wird automatisch besser, wenn wir das Problem beheben. Die Behandlung ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Ich bekomme Übungen an die Hand, die bei konsequenter Anwendung das Problem dauerhaft beheben oder zumindest so abschwächen, dass es mich nicht mehr einschränkt. Das einzige, was ich tun muss ist konsequent üben. Wenn es weiter nichts ist.
Was ich daraus gelernt habe
Aus dieser Geschichte habe ich einige Dinge gelernt. (Und einige Dinge sind mir wieder bewusst geworden, die ich irgendwie schon mal wusste…)
Schau genau hin. Das Problem ist selten das Problem.
Wenn man tiefer gräbt, findet man meistens ein weiteres Problem, das der Grund für das aktuelle Problem ist. Das ist super. Man kann dann das auswählen, dessen Lösung den größten Erfolg verspricht. Die Ebene zu wählen, auf der man ein Problem löst, ist eine Kunst. Es muss nämlich beherrschbar bleiben. Selbst wenn die Ursache für ein Problem in Deinem Team auf den Klimawandel zurückzuführen ist, solltest Du schauen, ob sich nicht vielleicht ein Lösungsansatz „weiter unten“ finden lässt…
Wenn Du das Problem behebst, sind die Symptome weg.
Symptome behandeln, um Schmerzen zu lindern kann hilfreich sein, um überhaupt in die Position zu kommen, das zugrunde liegende Problem zu lösen. Wenn das Problem aber bestehen bleibt, kommen die Symptome wieder. Eine nachhaltige Lösung kann nur eine sein, die das zugrunde liegende Problem behebt. So zum Beispiel die Behebung einer Asymmetrie, um Gelenkschmerzen zu verhindern.
Ein Beispiel aus dem Arbeitsleben fällt mir auch ein. Wenn zwei Personen immer wieder aneinandergeraten, obwohl die Lage jeweils nach einem Konfliktgespräch geklärt scheint, darf man sich fragen, ob sich der Konflikt nicht vielleicht in einer der Personen (oder in beiden) abspielt. Interpersoneller Konflikt = Symptom, intrapersoneller Konflikt = Problem.
Der Blick von außen durch einen professionellen Berater lohnt sich.
Und wenn man noch so schlau ist und noch so viel weiß – oder es sich zumindest einbildet – dann gibt es doch immer blinde Flecken. Das lässt sich gar nicht vermeiden. Ein professioneller Berater hilft, die blinden Flecken aufzudecken und Dinge zu erreichen, die man nicht für möglich gehalten hätte. Der professionelle Berater ist sich dessen bewusst, dass er blinde Flecken hat und sucht selbst Rat. Zumindest meistens…
Wenn man sucht, findet man den Berater, der zu einem passt.
Nicht jeder Berater passt zu jedem. Ich komme zum Beispiel mit Ärzten nicht klar, die Symptome behandeln und nicht ganzheitlich arbeiten. Mir macht es nichts aus, wenn ich selbst tätig werden und mich anstrengen muss, um mein Problem loszuwerden. Ich will es dauerhaft lösen und ich will lernen, wie ich ähnliche Probleme selbst erkenne und vielleicht sogar lösen kann. Deswegen war es mir wichtig einen Orthopäden zu finden, der mich dabei unterstützt. Das gleiche gilt natürlich auch für Coaches und Berater. Nicht jeder passt zu jedem. Die Grundhaltung und die angewandten Methoden müssen die richtigen sein.
Ob man es systemisch oder ganzheitlich nennt ist egal. Hauptsache man betrachtet das vermeintliche Problem nicht isoliert.
Mein Orthopäde arbeitet ganzheitlich, ich selbst arbeite systemisch. Die Bedeutung ist ähnlich. Wir betrachten Probleme nicht isoliert und stürzen uns nicht auf die Symptome. Einen Ansatz, der sich für Systeme nicht interessiert, bezeichne ich als überholt. Niemand ist eine Insel, kein Knie existiert von einem Körper getrennt.
Was hilft.
Wenn Du ein Problem hast, das sich der Lösung widersetzt, oder immer wieder kommt, dann schau doch mal, ob es sich nicht um ein Symptom handelt. Oft ist der Blick von innen nicht ausreichend. Dann hilft ein Perspektivwechsel, um eine andere Sicht auf das Thema zu bekommen. Wenn das alleine nicht gelingt, dann ist die beste Möglichkeit, sich Unterstützung zu holen. Dabei ist es wichtig, einen Berater zu wählen, der passt. Der auf die Lösung fokussiert ist und nicht allein das Symptom behandelt.
Als systemischer Coach kann ich Dich bei der Lösung vieler Probleme unterstützen. Nicht jedoch bei welchen, für die es einen guten Orthopäden braucht 😄
P.S.: Mein guter Orthopäde ist Dr. Eduard Erdeljac. Ihn kann ich besten Gewissens weiterempfehlen.