Stabilität und Stagnation

Die Anstrengung, die es kostet einen neuen Gipfel zu besteigen, wird immer mit einer neuen Perspektive belohnt.

Stabilisierst Du noch oder stagnierst Du schon?

Wie hilfreich ist es, wenn wir versuchen in unseren Teams für hohe Stabilität sorgen? Wann ist der Punkt überschritten, ab dem es zu stabil wird?

Irgendwie ist es doch gut, wenn es in stürmischen Zeiten wie den heutigen den einen oder anderen Bereich gibt, in dem sich nicht immer alles verändert. Wenn man sich wenigstens im Job darauf verlassen kann, dass Dinge stabil bleiben.

Stabilität hilft

Wenn wir in unseren Teams für Stabilität sorgen, dann ermöglichen wir damit die Konzentration auf die eigentliche Aufgabe.

Bei geringer Fluktuation kennen wir unsere Teamkollegen bald sehr gut und wissen, was wir von ihnen erwarten können und wie wir mit ihnen umgehen müssen. Es gibt keine Überraschungen. Meetings können wir uns irgendwann sparen, weil eh immer jede*r dasselbe sagt. 😉

Apropos Meetings. Jede Woche zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Am besten sitzt noch jede*r immer auf dem Lieblingsplatz.

Auch unsere Arbeitsmittel kennen wir bis ins tiefste Menü und können uns auf Inhalte konzentrieren, anstatt auf die Bedienung der Tools.

Bei den Aufgaben kann man hohe Stabilität erreichen und sie so optimieren, dass sie möglichst gleich bleiben, so dass jeder Handgriff sitzt.

Stabilität schadet

Doch irgendwann ist der Moment gekommen, ab dem Stabilität schadet. Wir verlernen auf Dauer, uns auf Veränderung einzustellen. Wir werden unflexibel und gewöhnen uns an den Status Quo. Die Kreativität leidet. Wenn nun etwas passiert, das unser System irritiert, braucht es übermäßig lange, um sich wieder einzuschwingen.

Was man dann beobachten kann, sind starke Widerstände. Man wehrt sich gegen jede Veränderung und mag sie noch so klein sein. Wieso sollte man auch jetzt was verändern? Es läuft doch alles.

Jedoch ist das ein Trugschluss. Die Arbeit bleibt gleich, die Tools bleiben gleich, die Prozesse bleiben gleich. Die Welt außerhalb der eigenen Blase dreht sich aber weiter. Es ändern sich die Anforderungen, es gibt neue Technologien und neue Erkenntnisse, wie man die Arbeit besser gestalten kann.

Mitarbeitersuche

Wenn nun Mitarbeiter*innen von außen zum Team stoßen sollen, kann das zu Problemen führen. Die neue Kollegin findet also ein Team vor, das in Stagnation vor sich hinarbeitet.

  • Wenn sie sich über die „konservativen“ Arbeitsbedingungen freut, dann passt sie super ins Team und wird damit gleich Teil des Problems 😉
  • Oft sind potentielle neue Mitarbeiter*innen aber auch abgeschreckt von stagnierenden Teams. Das macht dann die Mitarbeitersuche nicht leichter. Wenn es gelingt, die Situation im Bewerbungsprozess zu verschweigen — oder sie der Führungskraft nicht bewusst ist — dann fällt sie einem eben ein paar Tage später auf die Füße.

Außerdem fühlt sich das Team erst mal von den neuen Kolleg*innen gestört. Auch wenn sie sich über die Unterstützung freuen, so irritiert es doch, dass man sich auf neue Menschen einstellen muss. Womöglich machen sie einem ja sogar den Sitzplatz beim wöchentlichen Teammeeting streitig.

Marktanforderungen

Durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen, entwickeln sich auch die Anforderungen an Produkte weiter. Teams, die sich in ihrer Komfortzone eingerichtet haben und selten bis nie den Blick heben, können nur schwer angemessen reagieren.

Entwicklungen nicht verschlafen

Zur Organisation der Arbeit gibt es laufend neue Erkenntnisse. Man muss nicht alles mitmachen, aber einige Dinge sind gekommen um zu bleiben.

Zum Beispiel sind New Work (was auch immer das genau bedeutet 😉) und Agile keine Eintagsfliegen, deren Verschwinden man aussitzen kann um dann wieder gemütlich und ungestört im Zweierbüro nach dem Wasserfallmodell arbeiten zu können.

Teams, die da nicht mitmachen wollen, sind bald abgehängt.

Dasselbe gilt für die Verwendung von Technologie. Es gibt da den einen oder anderen Trend, vor dem man schwer die Augen verschließen kann. Tools, die „plötzlich“ „alle“ nutzen, weil sie so gut funktionieren…

Es mag nervig sein, sich alle paar Monate auf neue Tools oder neue Teammitglieder einstellen zu müssen. Schädlich ist es auf Dauer nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn man es nicht krass übertreibt, steigert häufige Veränderung die Fähigkeit, schnell wieder produktiv zu sein. Wir trainieren sozusagen unseren Change-Muskel.

Die Gratwanderung

Viele meiner Blogposts laufen darauf heraus, dass es wichtig ist, einen Mittelweg zu finden. So auch hier. Jedoch bin ich überzeugt davon, dass die besten Teams und Organisationen eine sehr hohe Fähigkeit besitzen, sich anzupassen und auf Veränderungen einzustellen.

Der Punkt, an dem es kippt, ist, wenn die Beschäftigung mit dem Neuen zum Selbstzweck wird und der Fokus auf die eigentliche Aufgabe verloren geht. Exploration und Neues ausprobieren ist nicht alles. Irgendwer muss sich auch noch um die eigentliche Aufgabe kümmern.

Individuelle Fähigkeiten

Menschen sind zum Glück unterschiedlich. Es gibt welche, die sich Veränderung wünschen. Andere schätzen und brauchen mehr Stabilität. Wie immer gilt es auch hier einen Ausgleich zu finden. Ich behaupte mal, dass es in den meisten Teams Platz für beide Typen gibt. Es gibt in jedem Team Bereiche, in denen mehr exploriert werden kann. Die Veränderer können den Bewahrern den Weg bereiten, während sich diese relativ ungestört mit den „normalen“ Aufgaben beschäftigen können.

Auf beiden Seiten braucht es aber Verständnis und Wertschätzung.

  • Die ungeduldigen, veränderungswilligen Kollegen sollten sich freuen, dass es Personen gibt, die sich darum kümmern, die Mühen der Ebene zu bewältigen, während sie schon zum nächsten Berg aufbrechen.
  • Die bewahrenden Kollegen, die gerne in ihrem gewohnten Umfeld ihren Aufgaben nachgehen, sollten wertschätzen, dass es jemanden gibt, der Neues ausprobiert und sich zur Aufgabe macht, das Team voranzubringen.

Nur mit beiden Seiten des Spektrums kann es gelingen, sowohl eine stabile, wirtschaftliche Erledigung der Aufgaben, als auch die kontinuierliche Weiterentwicklung zu gewährleisten.

Man leidet übrigens nicht gleich an einer bipolaren Störung, wenn man beides in sich selbst wiederfindet. Es ist sehr normal, wenn der Veränderungswille und der Wunsch nach Stabilität von der Tagesform abhängt.

Was tun?

Wenn Du nun in Dir oder Deinem Team Anzeichen von Stagnation erkennst, dann ist das kein Grund zur Verzweiflung. (Und das nicht nur, weil es überhaupt keine Gründe zur Verzweiflung gibt 😉) Es ist jederzeit möglich, einen Weg aus der Stagnation zu finden. Es ist wichtig, behutsam vorzugehen und die Lust auf Neues zu wecken. Mit der Holzhammermethode plötzlich Änderungen einzuführen, wird nicht funktionieren. Das weckt mit Sicherheit Widerstände.

Stattdessen ist es besser, die Vorteile von Neuerungen und Veränderungen darzustellen und schmackhaft zu machen. Dann kann man mit Kleinigkeiten starten. Neue Tools, Meetings verändern, Aufgaben teilweise neu zuschneiden und verteilen, die Teamstruktur anpassen. Nicht zu viel auf einmal.

Ja, das dauert lange. Ja, ein paar Widerstände wird es geben. Geduld haben Du musst.

Wenn Du unsicher bist, wie Du vorgehen sollst, kannst Du Dir immer Unterstützung holen. Mit Coaching für Dich oder Dein Team kannst Du die Entwicklung beschleunigen. Versprochen.

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