Laufend nachdenken

Schnecke auf Schotterweg
Mein Gehirn, während ich sitze.

Der Name dieses Blogs ist bei einem Lauf entstanden. So wie sehr viele meiner Ideen und Konzepte. Auch die meisten meiner Blogposts habe ich während langer Läufe oder Radtouren entwickelt. Und fragt mal meine Mitarbeiter, was ich oft dazu sage, wenn ich ungewöhnliche Ideen äußere. Genau: „Ich war mal wieder Laufen“… Für mich gibt es keine bessere Zeit zum Nachdenken und Strukturieren meiner Gedanken, als wenn ich mich bewege. Ob zu Fuß oder mit dem Rad ist erst mal egal. Hauptsache (monotone) Vorwärtsbewegung.

Die Erkenntnis, dass ich während des Laufens Inhalte viel besser aufnehmen und mich deutlich besser auf einzelne Gedankenstränge einlassen kann, ist aus einer gewissen Not heraus geboren. Um fit zu bleiben, gönne ich mir mehrere Läufe in der Woche und fahre mit dem Rad zur Arbeit. Meine Tage sind — wie bei den meisten berufstätigen Vätern — sehr gut mit den unterschiedlichsten Aufgaben gefüllt. Und wenn mal nichts zu erledigen ist, will ich natürlich Zeit mit meinen Kindern verbringen. Fett und träge zu werden war für mich aber keine Option, so dass ich mir von Anfang an die Zeit für Sport genommen habe. (Zu Beginn habe ich mich wie ein schlimmer Egoist gefühlt… Aber dazu vielleicht ein andermal mehr)

Das war meine Priorität. Zusätzlich habe ich natürlich gemerkt, dass ich wenig Zeit zum Lesen habe und deutlich weniger Bücher „durchbekomme“ als früher. Also habe ich angefangen statt Musik oder die Geräusche der Natur Hörbücher und Podcasts zu hören. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass ich die Inhalte viel besser behalte. Sogar besser, als wenn ich konzentriert lese.

Verkörperte Kognition

Inzwischen weiß ich, dass es für dieses Phänomen einen Namen gibt: Verkörperte Kognition beziehungsweise verkörpertes Lernen. Die Theorie besagt, dass Lern- und Erkenntnisprozesse durch den Körperzustand, Bewegung und die Umgebung beeinflusst werden.

Für mich wird immer wieder deutlich, dass an dieser Theorie was dran sein muss, wenn ich auf meinem Arbeitsweg oder meinen Standardlaufstrecken unterwegs bin und mich an bestimmten Stellen an Inhalte aus gehörten Büchern erinnere, die mich beeindruckt haben und die ich irgendwann an genau dieser Stelle gehört habe.

Ich denke einfach schneller, wenn ich in Bewegung bin, komme zu besseren Einsichten und behalte die Dinge, die ich dann lerne auch besser.

Wie ich mir diese Erkenntnis zu Nutze mache

Ich nutze inzwischen jeden Lauf für das Lernen, die Weiterentwicklung von Ideen, sowie um mein Hirn nach viel Input wieder etwas aufzuräumen und Klarheit zu gewinnen.

Bücher

Inzwischen konsumiere ich einen Großteil meiner Fach- und Sachbücher als Hörbuch. Abbildungen und Grafiken kommen da natürlich etwas kurz. Aber insgesamt bleibt bei mir mehr vom Inhalt hängen.

Um meinem Hirn keine Chance zu geben abzuschweifen, höre ich Hörbücher und Podcasts meistens mit doppelter Geschwindigkeit.

Podcasts

Bücher sind super, um sich Wissen anzueignen. Für schnelle Impulse und die Erweiterung des eigenen Horizonts liebe ich jedoch Podcasts. Oft suche ich mir eine Podcastfolge zu einem Thema, das mich gerade beschäftigt und hole mir direkt Lösungsideen. Manchmal höre ich auch Podcasts zu Themen, die mich eher irritieren oder völlig fremd sind zur Horizonterweiterung.

Nachdenken

Manchmal schnappe ich mir ein bestimmtes Thema, über das ich nachdenken will. Dann folge ich einfach meine Gedanken und betrachte das Problem von möglichst vielen Seiten. Oft ist es so, dass ich mir nicht von vornherein ein Thema aussuche, sondern durch Dinge, die ich in meinen Podcasts oder Büchern höre, darauf stoße. Es kommt öfter vor, dass ich dann die Wiedergabe stoppe und mich auf das Thema konzentriere.

Meditation

Die Monotone Bewegung beim Laufen auf Asphalt oder Schotter eignet sich hervorragend um eine etwas beschleunigte Gehmeditation durchzuführen. Es bieten sich mehrere Dinge an, auf die Du Deinen Fokus richten kannst:

  • Deine Atmung
  • Deinen Schrittrhythmus
  • Alles was Du wahrnimmst, bewertungsfrei und achtsam.

Du kannst Dir auch ein Kōan aussuchen und darüber meditieren 😉

Anspruchsvolle, technische Trails sind wiederum hervorragende Achtsamkeitsübungen. Wenn man nicht auf Hintern oder Gesicht landen will, bleibt einem gar nichts anderes übrig, als gedanklich ganz bei der einen Tätigkeit zu sein, die man gerade durchführt.

Achtsam die Lauftechnik verbessern

Du kannst achtsam Deine Lauftechnik verbessern. Passt die Armhaltung? Trittst Du mit dem Vorfuß oder dem Mittelfuß auf? Sind die Schritte kurz? Ist die Schrittfrequenz hoch genug? Auf diese Weise schlägst Du zwei Fliegen mit einer Klappe: Du trainierst Achtsamkeit und bist ganz bei einer Sache und verbesserst gleichzeitig Deine Lauftechnik.

Gedanken festhalten

Häufig kommen mir Gedanken, die ich während des Laufens festhalten will. Dafür nutze ich eine Notizapp und die Spracheingabefunktion meines Telefons. So lassen sich schnell Stichpunkte festhalten, die ich nach dem Lauf ausarbeiten kann.

Laufend Meetings abhalten

Auch Besprechungen lassen sich hervorragend abhalten, während man sich bewegt. Hier sollte man nur etwas das Tempo so weit drosseln, dass man sich gut unterhalten kann 😉

Die Nachteile

Das Naturerlebnis kommt durch die Konzentration auf andere Dinge etwas kurz. Die Aufmerksamkeit ist meistens zwischen dem Verkehr oder dem Trail und dem Hörbuch aufgeteilt. Allerdings bin ich meistens auf ähnlichen Strecken unterwegs. Für mich ist das nicht schlimm. Meine Priorität liegt eben auf der inneren Horizonterweiterung.

Dadurch, dass ich den Sport zum Nachdenken nutze, entsteht eine gewisse Abhängigkeit. Wenn ich erkältet oder verletzt bin und keinen Sport machen kann, dann potenziert sich leider der negative Effekt. Ich bekomme keine Bewegung, bin unausgeglichen und habe das Gefühl nicht voranzukommen.

Fazit

Unterm Strich ist Sport und Nachdenken für mich eine hervorragende Kombination. Die Nachteile nehme ich in Kauf, weil das für mich momentan die beste Methode ist, um Ideen zu entwickeln und mir neuen Input zu holen.

Wahrscheinlich funktioniert das nicht für jede*n. Aber wenn Du Dich gerne bewegst und auch sonst wenig Zeit zum Lesen hast, probier es einfach mal aus.

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