
Gegeneinander antreten, besser sein als die anderen, Wettbewerb als Motivation. Ich sage es einfach mal gerade raus: Für mich ist das überflüssiger Blödsinn.
Jajaja, ich relativiere es ja schon wieder. Nicht aufregen. 😉 Zumindest in sehr vielen Bereichen. (Spitzen-)Sport zum Beispiel wäre irgendwie nicht so spannend ohne Wettbewerb. Grundsätzlich sind spielerische Wettbewerbssituationen nicht problematisch. So lange man es nicht übertreibt.
Weißt Du, womit ich immer hervorragend gefahren bin? Wenn Du jeden Tag nur gegen Dein „Ich“ von gestern antrittst und jeden Tag besser wirst — und sei es auch nur minimal —, dann wird wird sich Erfolg einstellen. Was die anderen machen, ist egal.
Konkurrenzdenken
Gerade durchforste ich mein Gehirn, ob mir in meinem persönlichen Kontext eine Situation einfällt, in der Konkurrenzdenken hilfreich wäre. So richtig will mir keine einfallen.
Wenn man im beruflichen Umfeld Wettbewerb fördert, dann macht man das meiner Meinung nach auf Kosten der Zusammenarbeit. Mitarbeiter*innen oder Teams miteinander zu vergleichen führt zu lokaler Optimierung und zu der gefürchteten Silobildung.
Welcher Account Manager ist für die größten Umsätze verantwortlich? Welcher Entwickler steuert die meisten (fehlerfreien 😉) Commits bei? Völlig egal. So lange das Gesamtergebnis stimmt. Wenn man diese Zahlen nicht mal erhebt, dann können sie auch niemanden beeinflussen. Nicht die Führungskraft und nicht die Mitarbeiter.
Auch ist oft keine Vergleichbarkeit gegeben. Nicht jeder betreut die gleichen Kunden, manche Projekte oder Produkte sind komplexer als andere… Äpfel und Birnen. Fair ist anders.
F.A.Q.:
Aber irgendwie muss man doch die Leistung messen, um leistungsgerecht bezahlen und Incentives verteilen zu können, oder?
Liebe Führungskräfte, überlegt Euch gut, was ihr belohnt. Dass Boni und Incentives für Einzelleistungen ein zweischneidiges Schwert sind, hat sich glaube ich inzwischen rumgesprochen. Belohnenswert wäre eher gute Teamperformance oder Innovation. Wenn man es schafft zu belohnen, ohne damit andere Personen oder Teams zu demotivieren.
Und wenn jemand keinen Beitrag leistet und nicht motiviert ist, dann bekommt man ihn mit Materiellem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht dauerhaft auf Spur.
Aber meine Mitarbeiter*innen brauchen den Wettbewerb, um gute Ergebnisse zu liefern! Wie soll es ohne gehen?
Das ist meiner Meinung nach eine Folge der langen Fehloptimierung und der Mangelmentalität (siehe unten). Viele Menschen sind daran gewöhnt und brauchen das Gefühl „besser“ oder sogar „die Beste“ zu sein. Ich bin der Meinung, dass man mit einem echten Team bessere Ergebnisse erzielt. Dazu muss man natürlich erst mal aufhören Wettbewerbssituationen zu schaffen und für eine Atmosphäre sorgen, die Zusammenarbeit fördert.
Aber für mein Business braucht es Einzelkämpfer und kein Team. Das stimmt doch alles nicht, was Du sagst!
Wie jeder, habe ich einen begrenzten Horizont und kann mir manche Dinge nicht so gut vorstellen. Wenn das so ist, dann ist das so. Bist Du wirklich sicher, dass es nicht vielleicht doch NOCH besser gehen würde, wenn sich die Einzelkämpfer gegenseitig unterstützen würden? 😉
Und was ist mit dem Wettbewerb gegen meine Marktbegleiter?
Hilft der wirklich um bessere Ergebnisse zu erzielen? Oder hilft es absolut gesehen gut zu sein und dadurch Kunden zu gewinnen? Ist der Markt auf dem Du agierst wirklich zu klein für mehrere Mitbewerber? Ist das dann ein guter Markt? Sorry für die vielen Gegenfragen… 🙂
Mangelmentalität
Nun komme ich wieder auf etwas zurück, was ich hier schon mal angerissen habe: Mangelmentalität versus Überflussmentalität.
Wenn eine Mangelmentalität vorherrscht, gibt es zwangsläufig Wettbewerb. Es ist schließlich nur Platz für einen an der Spitze und Boni gibt es nur für die Besten der Besten der Besten.
In vielen Fällen ist das künstliche Verknappung um Wettbewerb zu erzeugen und Mitarbeiter*innen zu Höchstleistungen anzustacheln.
Vermutlich wird das oft unbewusst gemacht, weil es schon immer so war und man es nicht anders kennt. Muss aber nicht sein.
Überflussmentalität
Wenn in einer Organisation eine Überflussmentalität vorherrscht, dann ist das förderlich für die Zusammenarbeit. Grundsätzlich ist erst mal genug für alle da. Vor allem genug Anerkennung und Wertschätzung. Das Leben ist kein Nullsummenspiel. Es muss nicht jemand verlieren, damit eine andere Person gewinnen kann.
Deswegen gibt es keine Boni, die belohnen, die Kollegen auszustechen und (mehr oder weniger) rücksichtslos sein Ding zu machen, um möglichst viel abzustauben. Am besten wird die gesamte Organisation am Gewinn beteiligt und wenn denn Einzelpersonen oder Teams Incentives erhalten sollen, dann am besten für gutes Teamwork.
Aber in einer Organisation ist doch nunmal jemand der Beste und irgendwer muss Chef*in sein… Ja klar. Auch diese Personen leisten ihren besten Beitrag zum Gesamtergebnis und werden vielleicht auch besser bezahlt, weil sie eben einen größeren Beitrag leisten oder mehr Verantwortung tragen. Es geht aber darum, der Rangordnung einfach keinen besonderen Stellenwert zu geben und allen Mitarbeiter*innen Wertschätzung entgegenzubringen.
Wenn eine Führungskraft eine Überflussmentalität ihr Eigen nennt, dann sieht sie keinen Grund, nur Personen einzustellen, die schlechter oder genauso gut sind, wie sie selbst. Sie wird ohne mit der Wimper zu zucken Personen einstellen, die weitaus besser sind. Ihre Position ist schließlich nicht gefährdet und ein*e richtig gute*r Mitarbeiter*in, kann das Team auf ein neues Level heben.
Mindset: Kaizen 改善
Wenn Du Dich — wie ich — in Wettbewerbssituationen fehl am Platz fühlst, dann ist das kein Grund zur Besorgnis. Der einzige Wettbewerb, den Du brauchst, ist der gegen Dich selbst. Und selbst von diesem solltest Du Dich nicht (zu sehr) unter Druck setzen lassen. Versuche jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Trainiere Deine Fähigkeiten. Fordere Dich selbst heraus, indem Du Deine Komfortzone verlässt und Deinen Horizont erweiterst. Dann wirst Du automatisch gut in dem was Du tust.
Das gilt auch für Teams. Ein Team muss nicht besser sein als ein anderes. Meist ist gar keine direkte Vergleichbarkeit gegeben. Wo gibt es schon Teams, die genau die gleichen Aufgaben erfüllen? Ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen hilft nicht, wenn man irgendwann vielleicht doch zusammenarbeiten möchte.
Aber auch Teams können versuchen, jeden Tag besser zu werden. Diese Idee findet man in vielen Projektmanagement-Frameworks — agil oder „klassisch“ — unter dem Begriff „Kaizen“. Das bedeutet die permanente inkrementelle Verbesserung eines Systems.
Kaizen werde ich wohl bald einen kompletten Blogpost widmen. Sehr spannendes Thema, aber für heute ist es genug. Danke, dass Du meinen Blog liest! 🙂