
Heute ist die Kategorie des Blogposts mal so richtig klar. Ich möchte eine knappe Definition von „Führung“ versuchen. Was ist Führung und was ist ihre Bedeutung in einem modernen Unternehmen? Ein bisschen gedankliche Klarheit kann da nicht schaden. Im Unternehmensalltag merkt man, dass sich viele Führungskräfte nur vage dessen bewusst sind, was Führung bedeutet. Außerdem scheinen die vagen Definitionen auch noch zu divergieren. In diesem Blogpost möchte ich zumindest mal für mich Klarheit herstellen. Wie immer in der Hoffnung, dass es auch für meine geschätzten Kollegen hilfreich ist.
Es gibt hier Überschneidungen zu anderen Blogposts. Trotzdem ist es mir wichtig, nochmal genau dieses Thema zu adressieren.
Ich erfasse bestimmt nicht alle Facetten. Nur die, die mir eingefallen und wichtig sind.
Definition
Eine Führungsperson ist für mich jemand, der oder die erklärt, warum man eine bestimmte Richtung einschlägt und bestimmte Ziele erreichen will. Dabei stimme ich mit Simon Sinek (Auto von „Start with Why“ — Affiliate Link) überein, dass man das Warum kaum überbetonen kann.
Diese Person zeichnet sich dadurch aus, dass sie bereit ist, sich über das Warum Klarheit zu verschaffen und diese auch vermitteln kann.
Außerdem hat sie die Fähigkeiten, die es braucht, um ein echtes Team aufzubauen. Unter einem echten Team verstehe ich eine Gruppe von Menschen, die nicht nur miteinander arbeiten, sondern sich auch vertrauen, schätzen und gegenseitig unterstützen. Die Führungskraft sieht sich als Teil ihres Teams und erfüllt — wie alle anderen — die Aufgaben, die sie am besten erledigen kann.
Also in der Executive Lounge abhängen und Shrimps essen. 😉
Für mich ist Führung nur eine Aufgabe unter vielen, die für den Erfolg einer Unternehmung (nicht nur eines Unternehmens) wichtig sind. Eine gewisse Hierarchie kann je nach Art der gestellten Aufgabe Sinn ergeben, muss aber auch nicht in jedem Fall sein.
Wer führt?
Es führen in einem Unternehmen bei weitem nicht nur die disziplinarischen Vorgesetzten. Auch laterale Führungskräfte geben Richtung und Ziel vor. Das können zum Beispiel Projektmanager, (Software-, Daten-, Infrastruktur-, Anwendungs-,…)Architekten, Product Owner oder jede Art von „Vorarbeiter“ und erfahrene Mitarbeiter sein. Die bekannte Herausforderung der lateralen Führungskräfte ist, dass sie keine Weisungsbefugnis haben. Ob das tatsächlich eine Herausforderung ist, wage ich zu bezweifeln. Meiner Erfahrung nach, wird dadurch oft viel besser auf Augenhöhe zusammengearbeitet und sich mehr Mühe beim „Warum“ gegeben.
Auch führt nicht nur die Führungskraft die Mitarbeiter*innen. Andersrum wird auch geführt. Selbstverständlich beeinflussen die „Geführten“ auch die Führungskraft, geben (hoffentlich) Feedback und bestimmen mit ihrer Erfahrung und ihrem Detailwissen maßgeblich die Richtung und die Entscheidungen.
Braucht es dann noch Führungskräfte?
Aus meiner Sicht ganz eindeutig. Wie oben schon erwähnt, ist Führung auch nur eine fachliche Spezialisierung unter vielen. Genau wie man zum Beispiel nicht von einem Softwareentwickler erwartet, dass er sein entwickeltes Produkt selbst vertreibt oder seine eigene Lohnabrechnung erstellt, ist es auch nicht sinnvoll zu erwarten, dass sich ein Team komplett selbst organisiert, die Richtung festlegt, Schnittstellen definiert, sich um Personal- und Teamentwicklung kümmert undsoweiterundsofort. Das verursacht massiven Zusatzaufwand, der von der Erledigung der eigentlichen Aufgabe ablenkt.
Dass es in jedem Fall weisungsbefugte, disziplinarische Vorgesetzte braucht, bezweifle ich. Irgendwo im Unternehmen wird es sie brauchen, da es arbeitsrechtlich vorgesehen ist und man in irgend einer Weise vorsorgen muss, falls mal etwas nicht rund läuft. Aber an manchen Stellen kann man meiner Meinung nach darauf verzichten. So kann man ein agiles Entwicklungsteam zum Beispiel mit einem Team Coach ausstatten, der unter anderem Team- und Personalentwicklung im Auge hat und einem Product Owner, der die Richtung vorgibt. Um andere Dinge, die Führungskräfte sonst machen, kann sich das Team selbst kümmern, oder sie werden an zentraler Stelle erledigt.
Auch im Konflikt sind Führungskräfte gefragt. Wenn es darum geht, Interessen auszugleichen, dann kann die Führungskraft vermitteln und Entscheidungen herbeiführen, die nicht nur im Interesse ihres Teams sind, sondern des ganzen Unternehmens.
Was es nicht braucht, sind Chefs, die von oben herab führen und sich nicht als Teil des Teams verstehen.
Abgrenzung zu Management
Führung und Management gedanklich strikt zu trennen, halte ich für überholt. So gut wie jede Führungskraft hat auch Managementaufgaben und jeder Manager hat Führungsaufgaben. Management ist dabei die konkrete Organisation von Arbeit, Projekten, Kundenbeziehungen… Nur die Verteilung unterscheidet sich. Je höher in der Hierarchie eine Person ist, desto weniger wird vermutlich gemanaged. Oder man entscheidet sich konkret, möglichst wenig zu managen und sich mehr um die langfristigen, strategischen Aspekte zu kümmern. Was eben in der eigenen Situation den größten Mehrwert bietet.
Der zeitliche Horizont macht nämlich den Unterschied. Management ist die Organisation des Hier und Jetzt. Führung ist deutlich mehr in die Zukunft gerichtet.
Der Führungsstil und der Einfluss auf das Team
Der persönliche Führungsstil ist wichtig für die konkrete Erledigung der Aufgabe und muss zum Team passen. Oder das Team zum Führungsstil der Chef*in. Darauf läuft es oft hinaus. Wenn die Führungskraft wechselt, dann bleibt auch oft das Team nicht wie es war und der eine andere Mitarbeiter wechselt. Nicht jede*r kommt mit jedem klar und das ist auch normal und gut so. Reibereien kosten auf Dauer einfach zu viel Energie.
Wenn man als Führungskraft flexibel ist und die Fähigkeit besitzt, den Führungsstil situativ anzupassen, dann ist das eine hervorragende Fähigkeit. Manche Mitarbeiter*innen brauchen eher eine coachend Chefin, manche muss man im Wesentlichen einfach machen lassen und manche wollen etwas enger geführt werden. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Siehe oben. 🐑
Mir persönlich liegt aber zum Beispiel ganz enge Führung unter klarer Vorgabe von kleinteiligen Einzelaufgaben nicht. Wenn es sein muss, dann mache ich das eine Zeit lang. Meistens klappt es zum Glück, den Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung zu entwickeln.
Liebe Führungskraft, such Dir also ein Team, das zu Dir passt. Wende genügend Energie auf, um gute Beziehungen zu Deinen Mitarbeiter*innen aufzubauen und gib nicht zu schnell auf. Findet aber auch den Absprung. Manchmal ist ein Wechsel im Team besser für beide Seiten.
Über verschiedene Führungsstile schreibe ich bestimmt bald mal ausführlicher. Für heute ist es genug 🙂