
Ein wichtiger Aspekt von New Work ist der Umgang mit der Arbeitszeit. Was ist Arbeitszeit? Was ist Freizeit? Welche Zeit zählt als Arbeitszeit? Sollte man Stunden aufschreiben? Oder einfach arbeiten bis man fertig ist? Ich beobachte jedenfalls, dass sich der Umgang mit Arbeitszeit ändert. Teilweise zum besseren, teilweise aber auch nicht.
Was ist Arbeit?
Und was ist keine Arbeit? Ich kenne es von mir selbst, dass ich mich bei dem Fehlschluss ertappe, dass ich mich nur für produktiv halte, wenn ich am Schreibtisch sitze und „produziere“. Oft ist das dann aber etwas, von dem ich mir vorgenommen habe, es weniger zu tun. Etwas operatives, etwas das meiner Idee von guter Führung nicht entspricht. Dinge, die mir meistens auch noch keinen Spaß machen. „Wenn es nicht ein bisschen weh tut, ist es keine Arbeit“. Diese Aussage kenne ich auch von vielen Kollegen. Das entspricht aber so gar nicht dem Gedanken von New Work. Ich finde, dass Arbeit Spaß machen sollte. Sie darf auch mal nerven und es gibt immer mal wieder Zeiten und Aufgaben, die schwerer fallen. Aber grundsätzlich erwarte ich von Arbeit, dass sie geeignet ist, mich in einen Flow-Zustand zu versetzen.
Wie steht es also nun um Nachdenken, Lesen, Weiterbildung, Arbeitsmittagessen, Treffen an der Kaffeetheke, Spaziergängen mit Kollegen zum Austausch? Oder gar eine Laufrunde, während man Arbeitsthemen im Kopf wälzt oder Hörbücher und Podcasts hört, die Input zu beruflichen Themen bringen?
Für mich ist das alles Arbeitszeit. Jede dieser Aktivitäten dient dem Zweck des Unternehmens und bringt dieses weiter. Ich kann besser denken, wenn ich in Bewegung bin. Ich bin im Austausch mit anderen produktiver als allein. Das ist natürlich individuell. Aber wieso sollte man jemanden, der viel Bewegung braucht zur Arbeitszeit an den Schreibtisch ketten, nur weil ein angestaubtes Bild eines „Büroarbeiters“ existiert? Auch kann es produktiver sein, eine Besprechung auf eine Bank am See zu verlegen. Frische Luft und Sonnenlicht schaden dem Unternehmenserfolg wohl eher nicht.
Beim Nachdenken, Lesen und bei der Weiterbildung entsteht erst mal nichts greifbares. „Nur“ neue Verknüpfungen im Gehirn der Person, die sich damit beschäftigt. Allerdings wird sich das Gelernte oder die beim Nachdenken entwickelten Ideen mehr oder weniger schnell auf die restliche Arbeit niederschlagen. „Denkzeit“ ist für mich definitiv Arbeitszeit.
Ich bin sogar der Meinung, dass es gut ist, wenn man sich aktiv dafür entscheidet, operative Tätigkeiten zugunsten der Denkzeit zu begrenzen. Das gilt besonders, aber nicht nur für Führungskräfte. Optimierungen sind nur möglich, wenn man sein Tun reflektiert und zu diesem Zweck den Blick hebt.
Was wichtig ist, ist das richtige Maß. Die wenigsten Jobs wird man leider komplett beim Spaziergang erledigen können.
Arbeitszeit, Freizeit, Lebenszeit
Im Homeoffice fällt die Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit schwer. Zu verlockend ist es, am Abend nochmal schnell reinzuschauen, ob noch was anliegt, ob neue Mails da sind, ob vielleicht eine Kolleg*in noch was gebraucht hätte. Und wenn der Job noch so toll ist… Auf Dauer ist das weder gut für Dich noch für Dein Unternehmen. Besser ist es, wenn man ausgeruht zur Arbeit erscheint und während der echten Arbeitszeit konzentriert und mit voller Energie dran bleibt.
Für andere ist die Verlockung groß, das restliche Leben zwischendurch zu erledigen. Es ist super, dass man nebenher die Wäsche machen, schnell zum Arzt gehen oder mal für eine halbe Stunde auf die Kinder aufpassen kann. Aber nur, wenn man dann kein schlechtes Gewissen entwickelt, das einen dann auf der anderen Seite zu Überstunden motiviert.
Wenn man pendelt, dann ist diese Zeit auch nicht zwangsläufig verloren. Statt sich über die ungenutzte Zeit aufzuregen, kann man am Hinweg zur Arbeit in der S-Bahn auch schon mal loslegen und am Firmenmobiltelefon oder dem Laptop Emails oder Messenger checken oder schauen, was es im Intranet neues gibt. Vorausgesetzt, niemand fremdes hat die Gelegenheit die Bildschirminhalte zu sehen. Und schon wird aus verschwendeter Lebenszeit produktiv genutzte Arbeitszeit, die dann am Nachmittag für andere Dinge bleibt.
Stunden aufschreiben oder nicht?
Ist Zeiterfassung sinnvoll? Ich finde ja. Nur so gelingt es, einen Überblick zu behalten, ob die vertraglich festgelegte Arbeitszeit eingehalten wird. Damit meine ich sowohl Abweichungen nach unten, als auch nach oben. Für mich ist Zeiterfassung ein Mittel gegen die Entgrenzung von Arbeit und restlichem Leben. Ich kenne niemanden, dem es gelingt, einen Überblick über seine geleisteten Stunden zu behalten, wenn er sie nicht aufschreibt. Meistens geht das dann zu Lasten des Mitarbeiters. Dass jemand „Vertrauensarbeitszeit“ so versteht, dass er seine Arbeit in weniger als der vereinbarten Arbeitszeit erledigt, kommt selten vor. Die meisten Mitarbeiter haben so viel zu tun und so ein schlechtes Gewissen, dass sie mehr arbeiten, als sie müssten. Dass die Aufgaben oft ein bisschen schwammig definiert sind und eh immer genug Arbeit da ist, trägt noch dazu bei.
Wenn man genau weiß, wieviel man arbeitet, dann ist es recht einfach, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was sich gut anfühlt. Deswegen ist Zeiterfassung auch für Selbstständige sinnvoll. Vielleicht erschrickt die eine oder der andere darüber, wie viel sich noch gut anfühlt, wenn man oft im Flow ist. 🙂
Dein Umgang mit Arbeitszeit
Zum Schluss nochmal ein paar Fragen zur Umsetzung. Reflektiere, was Arbeit für Dich bedeutet.
- Wann fühlst Du Dich produktiv?
- An welchen Orten fühlst Du Dich produktiv?
- In welchen Arbeitssituationen hast Du im Bezug auf die Arbeitszeit ein schlechtes Gewissen?
- Schreibst Du Deine Stunden auf?
- Bist Du dabei ehrlich zu Dir selbst?
- Ziehst Du klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit?
- Wie viel Arbeit fühlt sich für Dich gut an?
- Welches Arbeitszeitmodell ist für Dich das richtige?
Wenn Du mit Deinen Antworten auf diese Fragen nicht zufrieden bist, versuche daran etwas zu ändern. Schon allein die Reflexion darüber, was sich für Dich gut anfühlt und was im Sinne Deines Unternehmens ist, kann einen großen Unterschied machen. Wenn ein schlechtes Gefühl bleibt und Du alleine nicht vom Fleck kommst, dann kann Dich ein Coach sehr gut unterstützen.
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Außerdem ist die Arbeitszeit und deren Einteilung auch ein wichtiger Aspekt von New Work.